Die kalte und dunkle Jahreszeit findet sich auch auf unseren wunderschönen Nordseeinseln ein. Das macht aber rein gar nichts, denn erst dann wird es so richtig schön kuschlig auf den Inseln. Der Wind pfeift um die Häuserecke, die Wellen tosen ein bisschen lauter und der Kamin knistert vor sich hin. Eigentlich würde hier ein Glas Wein, ein guter Whisky oder auch eine heiße Schokolade sehr gut passen, aber an der Nordsee wird Tee – vorzugsweise der herbe Ostfriesentee – getrunken. Die ostfriesische Teezeit oder auch Teetied (ostfriesisches Platt für Teezeit) ist ein wichtiger Bestandteil der ostfriesischen Geselligkeit.
Im Durchschnitt trank im Jahr 2016 jeder Ostfriese ca. 300 Liter Tee. Da entspricht in etwa dem Elffachem des deutschen Durchschnittsverbrauchs. Da ist es kein Wunder, dass im Dezember 2016 die ostfriesische Teekultur auch als Immaterielles Kulturerbe anerkannt wurde.
Die Geschichte der Teetied
Bevor der Tee nach Ostfriesland kam, tranken die kernigen Ostfriesen viel Bier. Die Zutaten stammten aus Ostfriesland und das Bier wurde auch im eigenen Land gebraut. Jedoch verdrängte der Tee das Bier schnell durch seinen besonders günstigen Preis. Um 1610 brachten erste Schiffe der Niederländischen Ostindien-Kompanie Tee nach Europa. Man kann durch die Nähe zu den Niederlanden davon ausgehen, dass bereits kurz danach der erste Tee nach Ostfriesland kam. Bereits um 1720 herum existierte bereits ein umfangreicher Teehandel in Ostfriesland.
Lange Zeit versuchte Friedrich II den Teekonsum einzuschränken oder gar ganz zu unterdrücken. Dies gelang ihm jedoch nicht, da die Ostfriesen sich mit gut organsiertem Schmuggel über alle Gesetze hinwegsetzten, um ihren geliebten Ostfriesentee zu bekommen.
Die Teetied oder die ostfriesische Teezeremonie
Auch heute ist es noch üblich jedem Gast bei seiner Ankunft eine Tasse Ostfriesentee anzubieten. Dabei ist es nicht wichtig, ob der Gast für mehrere Tage bleibt oder nur kurz mal einen Schnack halten wollte. Es ist die ostfriesische Art einen Gast willkommen zu heißen.
Zubehör für eine typisch ostfriesische Teetied
- Tee (Ostfriesentee Mischung – ein herber schwarzer Tee. Besonders beliebt sind Marken wie Thiele und Bünting.)
- Weiches Wasser, siedend (hört sich doof an, aber wer nicht an ostfriesisches Leitungswasser gewöhnt ist, sollte es vor der Zubereitung lieber filtern.)
- Teekanne (Am schönsten sind natürlich die klassischen Modelle des Dresdner Teegeschirrs mit blauer Bemalung oder der bekannten roten Rose.)
- Stövchen
- Kluntje (Kandiszucker – weiß oder braun, je nach Belieben.)
- Teetassen (Am besten sind diese recht klein und besonders dünnwandig.)
- Teelöffel (Nicht zum Umrühren, nur als Signal, dass kein weiteres Einschenken erwünscht ist.)
Zubereitung Ostfriesentee
Zunächst wird kochendes Wasser zum Ausspülen und Erwärmen in die Teekanne gegeben. Als nächstes wird der Ostfriesentee lose in die wieder leere und nun angewärmte Teekanne gegeben. Hierbei rechnet man einen Teelöffel pro gedeckter Tasse zuzüglich einem Löffel für die Kanne. Anschließend wird der Tee mit kochendem Wasser aufgegossen und bei geschlossenem Deckel drei bis vier Minuten ziehen gelassen. Nun ist der Tee servierfertig. Ein Sieb ist unerlässlich, da ansonsten die Teeblätter in der Tasse landen und das sollte so nicht sein. Vor dem Eingießen findet der Kluntjes noch seinen Platz in der Tasse. Der Zucker wird anschließend mit dem Ostfriesentee übergossen, wobei das herrliche charakteristische Knistern zu hören ist. Im Anschluss folgt ein Schuss Sahne, der vorsichtig an der Seite eingegossen wird, damit sich die Sahne zunächst absetzen kann, um dann in kleinen Wölkchen wieder aufzusteigen.
Ganz wichtig ist, dass der Ostfriesentee nicht umgerührt wird. So bleibt die Schichtung des Tees erhalten. Mit dem ersten Schluck schmeckt man den herben Ostfriesentee, vermischt mit der milden Sahne. Den nächsten Schluck dominiert der Tee selbst. Die Süße des Kluntjes rundet den letzten Schluck schließlich passend ab.
In Ostfriesland wird bis zu sechs Mal Tee getrunken und jedes Mal jeweils drei Tassen – denn „drei sind Ostfriesenrecht“ – oder auch „Dree is Ostfresenrecht“. An den drei Tassen kommt niemand vorbei, nicht einmal Gäste. Wer zu früh ablehnt gilt als unhöflich oder sogar beleidigend. Kleiner Trick: Die Füllmenge reduzieren, aber niemals die Anzahl der Tassen! Durch umgekehrtes Auflegen der Tasse auf die Untertasse kannst du signalisieren, dass kein weiteres Einschenken erwünscht ist. Wem das jedoch nicht zusagt, der kann auch einfach den Löffel in die Tasse legen. Dann hat der Teelöffel auch endlich eine Funktion und muss nicht unbenutzt wieder abgeräumt werden.