Helgoländer Hummer: Eine Delikatesse in Gefahr ?

    Die Hummer (Homarus) kommen heute in zwei Arten vor: Amerikanischer Hummer und Europäischer Hummer. Das Verbreitungsgebiet des Europäischen Hummers befindet sich im Schelf der europäischen Atlantikküste, in der Nordsee, im Mittelmeer und im westlichen Schwarzen Meer. Es reicht von den Lofoten im Norden bis Marokko im Süden, von den Azoren im Westen und bis nach Israel im Osten. In der Ostsee jedoch ist er nicht heimisch.
    Früher gab es reiche Hummerpopulationen in der ganzen Nordsee. So auch im Helgoländer Felssockel als dem geeigneten Biotop auf dem sonst sandigen Meeresboden, dem einzige Lebensraum des Hummers in Deutschland. Hier lebt(e) der Einzelgänger in Höhlen oder Spalten der Felsenküste in einer Tiefe bis zu 60 Meter unter Wasser, die nachts zum Fressen verlassen werden.

     

    Das heimliche Wappentier der Helgoländer auf dem Rückzug

    Der größte Krebs der Nordsee kann selten eine Länge von bis zu 60 cm sowie ein Gewicht von bis zu neun Kilogramm erreichen. Einst war der Hummer das heimliche Wappentier der Helgoländer. Es wurden in den 1930er Jahren von den Helgoländer Fischern mit ihren Hummerkörben ca. 40 Tonnen Hummer pro Jahr gefangen. Das waren über 80.000 Tiere! Heute kann auf Helgoland niemand mehr vom Hummerfang leben. Heute dürfen nur noch wenige Hundert Stück jährlich aus dem Meer geholt werden, meist auch nur als Beifang von anderen Krebsen wie dem Knieper. Insgesamt verfügen auf der Insel heute nur noch fünf Fischer über eine entsprechende Fanggenehmigung.

    Die Auswirkung des Krieges …

    Dabei sind an dem Umstand, dass die Hummer hier fast verschwunden sind, nicht einmal die Fischer schuld, da sich z.B. trotz der enormen Fänge der Vorkriegszeit die Bestände stets stabil gehalten haben bis… Ja, bis zu dem verheerenden Angriff der britischen Luftwaffe am 18. April 1945, als innerhalb von rund 100 Minuten aus 979 Bombern etwa 7.000 Bomben auf die Insel abgeworfen wurden und diese unbewohnbar machten. Nach dem Krieg nutzten die Briten die verlassene Insel als Zielgelände für Bombenabwürfe und am 18. April 1947 wurden mit der bis heute größten nicht-nuklearen Sprengung der Geschichte die militärischen Bunkeranlagen der Insel zerstört. Rund 4.000 Torpedoköpfe, fast 9.000 Wasserbomben und über 91.000 Granaten verschiedensten Kalibers, insgesamt 6700 Tonnen Sprengstoff, waren im U-Boot-Bunker sowie im Tunnellabyrinth an der Südspitze des Felsens und bei den Küstenbatterien gestapelt. Die Briten sprengten diese Kampfmittel mit einer verheerenden Explosion.

     

    … und seine Spätfolgen

    Als die Bewohner Helgolands 1952 wieder auf die Insel zurückkehren konnten, waren die meisten Hummer bereits so gut wie verschwunden. Vermutlich haben die fortwährenden Bombardierungen und die Sprengung zu einer erheblichen Zerstörung des Lebensraumes der Hummer in den Felssockeln geführt.

    Da Hummer Einzelgänger sind, ist es durchaus auch denkbar, dass die Anzahl der Tiere, die durch die Kriegs- und Nachkriegszerstörungen ihrer natürlichen Umwelt so sehr reduziert waren, dass die Populationen gar nicht mehr wachsen konnten: Durch die geringen Bestände liefen sich Männchen und Weibchen viel seltener über den Weg – und konnten sich daher auch seltener paaren.

     

    Wasserverschmutzung der Nordsee

    Ein weiteres Problem für den Hummer ist zudem die Verschmutzung der Nordsee. Hummer reagieren sensibel schon auf kleinste Öl- und Treibstoffrückstände im Meer und haben unter den zahlreichen Giften aus Industrie und Landwirtschaft, die über die Flüsse in die Nordsee eingeleitet werden, zu leiden. Petrochemische Verbindungen stören den empfindlichen Geruchssinn, mit dem sie ihre Beute aufspüren und mit dem sie untereinander kommunizieren, indem sie Duftstoffe ins Wasser abgeben. Ist diese Kommunikation gestört, finden die Hummer keine Partner zur Vermehrung. Geschwächte Exemplare werden auch von anpassungsfähigeren Arten wie beispielsweise den Taschenkrebsen verdrängt.

    Hilfe für die Helogländer Hummer von der Wissenschaft und der Fischerei

    Seit den 1950er Jahren sind die Hummer um Helgoland durch Schonzeit im Sommer geschützt. Die Weibchen bleiben ohnehin im Wasser, sodass die Fischer nur größere Tiere fangen. So konnte bislang zwar ein Aussterben verhindert werden, der Bestand ist jedoch nicht weiter gewachsen. 1992 ist dieser auf einen Minimalbestand von nur noch 102 Tiere geschrumpft.1999 wurde auf Helgoland daher ein Hummer-Projekt gestartete. In der Biologischen Anstalt Helgoland (BAH) des Alfred-Wegener-Instituts werden Hummer nachgezüchtet und im Alter von einem Jahr am Helgoländer Felssockel ausgewildert.

     

    Das Hummer-Projekt

    Dieses Projekt wird durch die Helgoländer Hummerfischer unterstützt, die ein Abkommen mit der BAH haben und eiertragende Hummer, also die Weibchen, im Institut gegen eine Aufwandsentschädigung von 10 Euro pro Tier abliefern. Die Weibchen werden erst bei einer Länge von 22 – 23 cm laichreif. Das Wachstum geht hierbei nur sehr langsam voran: Ein Hummer wächst nämlich nur 2 – 3 cm pro Jahr. Die Hummerweibchen werden dann solange in Meerwasserbecken gehalten, bis sie die Eier abgestreift haben. Die Projektmitarbeiter markieren die Tiere und setzen sie wieder aus.

     

    Hummeraufzucht

    Die Eier werden in Hummeraufzuchtbecken gesetzt. Nach dem Schlüpfen bekommen die kleinen Hummer ihre kleinen „Einzelhöhlen“ von der Größe einer Keksschachtel. Die Aufzucht ist kein einfaches Unterfangen, da Hummer schon von klein auf recht aggressiv sind. Die Tiere schrecken nicht einmal vor Kannibalismus zurück. Dies macht eine Einzelhaltung der Jungtiere notwendig. Das wiederum macht die Aufzucht teuer, sehr teuer. Ungefähr 250 000 Tiere müssten für einen stabilen Erfolg bei der Neuansiedlung müssten ausreichend aufgezogen und ausgesetzt werden,. Dies würde ca. 1,2 Millionen Euro verschlingen – Geld, über das die Forschungsorganisation BAH nicht verfügt.

     

    Ab in die Freiheit

    Wenn sie etwa zehn Zentimeter groß sind, werden die Hummer in die Freiheit, in die Nordsee, entlassen. Taucher bringen sie direkt in ihren neuen, alten Lebensraum am Felssockel Helgolands, in der Hoffnung, dass sie überleben. Die Population wuchs nachweislich und blieb auf einem derzeitig stabilen, wenn auch noch vergleichsweise geringen Niveau.

    Neue Wege der Auswilderung von Hummern und Möglichkeiten der Finanzierung

    Und die Helgoländer Forscher haben noch einen Plan in der Hinterhand! Zu den nur um Helgoland verfügbaren Lebensräumen mit einem harten, felsigen bzw. Gerölluntergrund am Meeresboden könnte man für Hummer neue Lebensräume in der Nordsee schaffen. In den Windparks auf hoher See gibt es neuen, wenn auch künstlichen Fels. Die in den nächsten Jahren in der Deutschen Bucht entstehenden Windparks sind zwar einerseits ein Eingriff in das Ökosystem, können aber auch gleichzeitig als eine Maßnahme zu einer ökologischen Aufwertung begriffen werden.

     

    Hummeransiedlung in den Steinfeldern

    Dazu hat man bereits 2014 insgesamt 3000 nachgezüchtete Hummer in den Steinfeldern, die als Kolkschutz die Windkraftanlagen umgeben, ausgesetzt. Einen (hoffentlich) positiven Ausgang dieses Experiments wird sich allerdings erst in den kommenden Jahren zeigen – man erinnere sich, ein Hummer wächst nur 2 – 3 cm pro Jahr! Und man hat zur finanziellen Unterstützung des Projektes auf Helgoland Ideen. Staatliche Naturschützer, Nichtregierungsorganisationen und private Sponsoren können oder wollen scheinbar nicht genügend Geld für die Hummeraufzucht aufbringen. Daher werben die Helgoländer nun bei Einzelsponsoren um Hummer-Patenschaften. Mit Ihnen kann die einjährige Aufzucht eines Hummers finanziert werden kann.

    Das Interesse ist groß, aber noch immer nicht groß genug. Dabei sollte es im Interesse der Helgoländer selbst, aber auch der Besucher der deutschen Hochseeinsel liegen. Gemeinsam sollte dafür Sorge getragen werden, dass der Hummer nicht nur ein „heimliches Wappentier“, sondern eine für alle erlebbare Realität bleibt.

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